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Thema: Alte Fähre Kornsand Nierstein

  1. #11

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    Wenn ich es jetzt richtig verstanden habe handelt es sich bei der alten Fähre am Kornsand um eine Seilfähre die 1955 von der Schottelwerft in eine Motorfähre umgebaut wurde und deren Name lautet heute "Stadt Boppard" ?
    Ich würde auch gerne wissen ab wann diese Fähre in Boppard eingesetzt wurde. Meinen Informationen zufolge wurde diese Fähre durch die 1955 gebaute Fähre Kornsand ersetzt und ab 1965 durch die Landskrone liege ich damit richtig ?

  2. #12
    Avatar von faehrenfan
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    Moin bernnie,

    die Autofähre "Stadt Boppard" hat nichts mit der Fähre Nierstein / Oppenheim zu tun.
    Klick mal auf den Namen und Du landest auf der Seite der Fähre hier im Forum.
    Die "Stadt Boppard" ist eine umgebaute Längsseilfähre mit ursprünglichem Baujahr 1892.
    Sie war noch nie an einer anderen Fährstelle im Einsatz !
    Deswegen ist sie nicht nur die älteste Fähre am Rhein, sondern auch jene, welche am längsten an Ihrem Fährort eingesetzt ist.


    Zu Nierstein und Oppenheim:
    Im Mittelalter gab es in Oppenheim eine Längsseilfähre, in Nierstein dagegen meines Wissen nach keine Fähre.

    Wie bereits beschrieben, musste die Fährstelle von Oppenheim nach Nierstein verlegt werden, weil sie zu versanden drohte.
    Im Mittelalter war der Rhein hier sehr breit und hatte mehrere Arme und Inseln.
    Er floss nicht in einem Bett, sondern in vielen, teilweise nur wenigen Zentimetern tiefen Seitenarmen.

    An einem dieser Arme lag die Stadt Oppenheim mit ihrer riesigen Stadtbefestigung und ich meine 8 Türmen ?.
    Damals besaß Oppenheim also ein echtes Rheinufer und folglich auch eine eigene Fährstelle.

    Die Oppenheimer Fährstelle befand sich in der Nähe des Uhrenturms, der heute neben dem Bahnhof liegt.
    Der Rhein befand sich quasi in der Verlängerung des Oppenheimer Hafens, etwa auf Höhe der Jet Tankstelle (B9),
    vermutlich aber weiter in Richtung dem Stadtteil "Neustadt".
    Dieser Bereich war wohl früher Schlemmland und wurde, um Bauland zu erhalten, umfangreich aufgeschüttet.
    Dies war unter anderem möglich, da der dortige Rheinarm verlandete.
    Da Oppenheim immer weiter wuchs, wurde auch die Stadtbefestigung (Stadtmauer) abgetragen.

    Aus diesem Grund wurde die Fährstelle 1609 von Oppenheim in Richtung Nierstein verlegt.
    Der neue Fährkopf befand sich nun unterhalb der Oppenheimer Hafeneinfahrt und oberhalb der heutigen Fährrampe.
    An der neuen Fährstelle lag die hölzerne Längsseilfähre wieder in der Rheinströmung.

    Zwischen 1609 und 1899 wurden mehrere hölzerne Längsseilfähren eingesetzt, eine genaue Anzahl ist unbekannt.
    Von anderen Fährstellen weiß ich, das hölzerne Fähren im Schnitt alle 25 - 30 Jahre ersetzt werden mussten, weil das Holz
    durchgefault und die Fähren nicht mehr stabil waren.
    Wann die letzte hölzerne Seilfähre durch eine "teilweise" eiserne Seilfähre ersetzt wurde, ist unbekannt.

    Die letzte Niersteiner "fliegende Brücke", war jedenfalls eine "teilweise" eiserne Seilfähre.
    Teilweise, weil nur die Rümpfe aus Eisen waren. die Decks und Aufbauten dagegen noch aus Holz.
    Weitere Informationen, wie Bauwerft, Baujahr, Abmessungen, etc. sind unbekannt.
    Sie wurde aber in staatlichem Auftrag gebaut und auch betrieben.
    Sie ist in einem Meßtischblatt (in einer topographische Karte) von 1899 eingezeichnet.

    Zum Thema Bauwerft der "fliegenden Brücke":
    Eine sehr bekannte Werft der damaligen Zeit war die Schiffswerft Schaubach und Krämer in Koblenz.
    Sie baute sehr viele Fahrzeuge für Länder und Behörden und wäre folglich mein erster Verdächtiger.


    1945 wird die Niersteiner "fliegende Brücke" von einem Resttrupp deutscher Soldaten versenkt, der unbedingt den
    Brückenkopf "Nierstein / Oppenheim halten wollte. Die "fliegende Brücke" wird dabei irreparabel beschädigt.
    Eventuelle Reste wurden mit Sicherheit während der Kriegsjahre verwertet.
    Ob überhaupt irgend etwas Verwertbares übrig blieb, bleibt stark zu bezweifeln, da während des 2. WKs nahezu alles
    im Uferbereich von Nierstein und Oppenheim durch Beschuss der Alliierten und der Wehrmacht zerstört wurde.


    1947 beginnt die Wiederaufnahme des Fährbetriebs mit der Siebelfähre SF 311, einer ehemalige Wehrmachtsfähre.
    Eigner ist das neue Bundesland Hessen. Betrieben wird die Fähre durch das Wasser- und Schiffahrtsamt Worms.

    Die eingesetzten Wehmachtsfähre SF 311 (ex PiLF 311) wird dem WSA Worms vom WSA Duisburg übereignet.


    Daten der Pionierlandungsfähre (PiLF 311)
    Sie war vermutlich Baujahr 1943, da die Bauzeit dieser Wehmachtsfähren nicht lange dauerte.
    Der erste Einsatz erfolgte durch das Bau-Btl. 128. Sie wird am 03.04.1943. in der Straße von Kertsch durch eine Mine beschädigt.
    Sie wird daraufhin am 14.09.1944 zur Baustelle Kolberg, Administration östliche Ostsee verlegt.

    Am 20.12.1944 wird SF 311 beim sowj. Luftangriff auf Memel beschädigt.
    Schäden können vor Ort nicht repariert werden, Abschleppen nach Pillau gefordert.
    Im
    Mai 1945 wird sie von Kurland nach Schleswig-Holstein verlegt.

    Nach Kriegsende erfolgt die Verlegung zum Kleinfahrzeugverband der GM/SA, Kompanie Oblt. Buchholz in Kiel.
    30.08.1945 Nach Duisburg zum WSA Duisburg-Rhein, Einsatz als Zivilfähre bis 1950.
    Einsatz unter anderem als Rheinfähre 1946 in Bonn-Beuel.

    03.03.1952: Die als britischer Beuteanteil beim WSA Worms als Fähre in Dienst befindliche SF 311 soll von der
    Bundesrepublik Deutschland gechartert werden um die SF für diesen Zweck weiter einsetzen zu können.

    Da ich bisher keine anders lautende Information habe, bedeutet das:
    Von 1947 bis 1965 war die "SF 311" im Auftrag des Landes Hessen zwischen Nierstein und Oppenheim im Fähre im Einsatz.


    Nierstein 1965:
    1965 wäre die Wehmachtsfähre SF 311 22 Jahre alt gewesen. Klar, das sie in die Jahre gekommen und nicht mehr zeitgemäß war.
    Sie war ja auch nie für eine so lange Nutzungsdauer geplant und gebaut worden.
    Sie war vergleichbar zu einer Seitenpfortenfähre.
    Sie legte seitlich an ein Brückenschiff an und musste über die Seite beladen werden.

    Die auffahrenden Fahrzeuge mussten auf der Fahrzeugplatform Wende-/ und Rangiermanöver durchführen, was zeitaufwendig war.
    Und auch die Überfahrt war relativ langsam. Daher denkt das WSA Worms über eine Ersatzbeschaffung nach.

    Aus den gestellten Anforderungen heraus, wird die Motofähren Typ "Oppenheim" entwickelt. Den Zuschlag erhält die Boost Werft in Trier
    an der Mosel, eine Werft, die ebenfalls für staatliche Bauaufträge von Schiffen und Fähren
    bekannt ist.

    Es werden 3 Fähren in Auftrag gegeben. Die "Stadt Gernsheim" für Gernsheim, die "Landskrone" für Nierstein / Oppenheim und
    die Notstandsfähre "SF III Bingerbrück", die als Ersatzfähre und für diverse andere Fährstellen eingesetzt werden soll.

    Es handelt sich dabei um Doppelend - Motorfähren mit Schaldenrumpf und Fährklappen. Die Fahrzeuge fahren vorwärts auf die Fähre drauf
    und am anderen Ende vorwärts wieder runter. Keine Wendemanöver, kein Rangieren.
    Angetrieben werden die Fähren von 4 Schottel Ruderpropeller.

    Für die neuen Doppelend - Motorfähren werden aber neue Fährrampen benötigt, an denen die Fähren gerade anlegen können.
    Ab etwa 1965 (?) wird mit dem Bau der neuen Fährrampen in Nierstein und Gernsheim begonnen.

    Ab 1967 beginnt der Fährbetrieb mit der neuen Motorfähren in Nierstein.
    Die erste fertige Fähre war die "Stadt Gernsheim", die ihre ersten Fährfahrten in Nierstein an der Fährrampe absolvierte,
    da die Gernsheimer Fährrampe noch nicht fertig gewesen sein soll. Genauere Informationen sind aber noch nicht bestätigt.

    1978 versteigert das Land Hessen, das sich aus dem Fährbetrieb zurück ziehen will, Fähre und Fährrechte.
    Ab dem 01. Februar 1979 befindet sich die Fähre Nierstein in Privatbesitz.
    Ab Mai 1979 übernimmt die neu gegründete Rheinfähre Landskrone Nierstein GmbH den Fährbetrieb und führt ihn fort bis heute.

    1994 kommt zur Motorfähre "Landskrone" die kleinere Motorfähre "Kornsand" hinzu.
    Die "Kornsand" war eine ehemalige Clausen Fähre Baujahr 1954, die bereits an verschiedensten Fährstelle im Einsatz war.
    Sie konnte bis zu 12 PKW übersetzen und war damit eigentlich zu klein, im Vergleich mit den 18 PKW der "Landskrone".
    Es gab aber keine passende, gebrauchte Fähren am Markt.
    2005 wird die "Kornsand" deswegen umgebaut und verbreitert und kann nun ebenfalls 18 PKW transportieren.

    2016 wird die Schwesterfähre der "Landskrone", die "Stadt Gernsheim" aus Gernsheim übernommen und in "Landskrone 2" umbenannt.
    2018 wird die "Kornsand" verkauft.

    Soviel zur Fährstelle Nierstein / Oppenheim - Kornsand.

    Gruß Alex



    Geändert von faehrenfan (13.07.2023 um 21:27 Uhr)
    ~~~ Fähren sind die schönste Art, Menschen miteinander zu verbinden ~~~

  3. #13

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    Hallo Alex,

    herzlichen Dank für die Info bezgl. der Fähren am Niersteiner Ortsteil "Oppenheimer Fahrt".
    Ich möchte dir diesbezüglich einige geschichtliche Informationen zu der Fähre und der Verlagerung der Fährstelle aufgrund der Veränderung des Rheinverlaufes Ende des 18. Jhd. geben.
    Dazu habe ich dir einige Texte aus den Büchern "Rheinhessen in seiner Vergangenheit 6. Band Oppenheim" vom Oppenheimer Apotheker Carl Wernher und "Oppenheim die Geschichte einer alten Reichsstadt" von Hans Licht
    kopiert. Carl Wernher beschreibt die Entwicklung der Fährstellen anhand von Ratsprotokollen die bis ins 14. Jhd zurückreichen und Hans Licht hat die Ende des 17. Jhd schnell verlaufende Verlagerung des Rheinverlaufes gut beschrieben. Außerdem habe ich eine militärische Karte aus dem Jahre 1793 angehängt auf der deutlich wird dass die in Richtung Osten verlaufende Rheinverlagerung nicht zum ersten Male erfolgte weil man auf dieser Karte
    noch ein weit nach Osten reichendes Altwasser erkennt.
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